Forumsdiskussionen für die Kompetenzentwicklung – Vorstellung einer Evaluation

Schon Patricia Benner weist in ihrem Buch „Stufen zur Pflegekompetenz“ darauf hin, wie wichtig es ist, dass sich die Experten und auch die Erfahrenen (siehe Abbildung 1) untereinander austauschen, um „eine gemeinsame beschreibende Sprache zu entwickeln und sich über ihre vergleichbaren Beobachtungen auszutauschen“ (Benner, 2012, S.74). Diese verbalisierten Erfahrungen können dann für die Vervollkommnung eigener Kompetenzen und für die Kompetenzentwicklung anderer Pflegenden zugutekommen. Ebenso sollten sie Fallstudien diskutieren und zur Teilnahme an Forschungsstudien bewegt werden, damit ihre Kompetenz und ihr Erfahrungsschatz auch zur Erhöhung der Qualität der Patientenversorgung beiträgt (ebd., S.205).

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Neue Medien bieten für den Kommunikationsaustausch grenzenlose Möglichkeiten: Pflegende können sich heutzutage z.B. mit Hilfe eines Internetforums krankenhaus- bzw. sogar länderübergreifend zeitunabhängig austauschen. Allerdings sollten solche Diskussionen mit diesem Medium vorher geübt werden. Dieses bietet sich gerade in der Erstausbildung oder im Rahmen einer Weiterbildung an. Der folgende Blogbeitrag widmet sich dieser Thematik und stellt ebenso eine Evaluation eines Ausbildungskurses vor, bei dem schon mehrere Forumsdiskussionen initiiert worden sind.

Patricia Benner führte im Jahre 1984 im Rahmen eines Projektes[1] zahlreiche Beobachtungen und Interviews mit unterschiedlich erfahrenen Pflegenden durch und konnte so fünf Kompetenzentwicklungsstufen analysieren. Auf Basis dieser zog sie auch Konsequenzen für die berufliche Entwicklung und die Ausbildung (Benner 2012, S.57f.).

Die folgende selbst erstellte Abbildung 1 gibt einen Überblick über die fünf Kompetenzstufen und Benners Empfehlungen zur Kompetenzentwicklung.

Erpenbeck und Sauter stellen in ihrem Buch „So werden wir lernen“ (2013)  die zahlreichen Möglichkeiten vor, die neue Medien, insbesondere die Web 2.0 Tools zum Kommunikationsaustausch, für die Kompetenzentwicklung bieten. Gerade in der Erstausbildung (oder ebenso im Rahmen einer Weiterbildung) sollte auf diese Möglichkeiten vorbereitet werden. Wie bereits in den anderen Blogbeiträgen beschrieben bieten Lernplattformen verschiedene Lernangebote und Aktivitäten hierzu. Ein Forum hat u.a. das Grobziel, dass die Lernenden  auch nach der Aus- oder Weiterbildung zeit- und ortsunabhängigen Erfahrungsaustausch mit Ihren Kollegen (aus verschiedenen KH) führen und dadurch Ihre Kompetenzen weiterentwickeln können. Mittlerweile nutzen zahlreiche Berufsgruppen als Communities of Practice digitale Medien zum Wissens- und Erfahrungsaustausch (Erpenbeck & Sauter, 2013, S. 92 und S.142f.).

Forumsdiskussionen stärken insbesondere auch die schriftliche Ausdruckskraft, da die Beiträge vor dem Posten besser durchdacht und ausformuliert werden als z.B. ein spontaner Redebeitrag im Präsenzunterricht. So sind die Aussagen in Textform meist elaborierter als in Präsenzdiskussionen.

Foren eignen sich daher besonders für Diskussionen, um ein Thema nachhaltig zu vertiefen, oder auch für eine Ideengenerierung. Ein weiterer Vorteil dieses asynchronen Mediums ist, dass die Beiträge der anderen ebenso in Ruhe gelesen werden können.

Auch ist laut Studien gerade für diejenigen, die sich aufgrund von Hemmungen oder Bloßstellungsängsten nicht so gern im Präsenzunterricht beteiligen das Forum das präferierte Mitteilungsmedium (Döring, 2010, S.166; Bett & Gaiser, 2010, S.3).

Die folgenden Screenshots verdeutlichen welch hohe Qualität Forumsdiskussionen nehmen können. Voraussetzung ist, dass, wie allgemein bei Lernangeboten mit digitalen Medien, die soziale Präsenz der Lehrkraft im Hintergrund organisiert ist und bei Forumsdiskussionen ganz besonders die vorherige Einrichtung von Diskussionssträngen (Threads) mit Diskussionsimpulsen (Thesen) vorgenommen wird. So geht u.a. auch nicht die Diskussionskohärenz verloren.

Im folgenden Beispiel wurde dieser Impuls zur Diskussion vorgegeben:

Ein entfernter Onkel kommt sie besuchen und fragt, was Sie zur Zeit beruflich machen. Sie erzählen, dass Sie eine Ausbildung zur Operationstechnischen Assistenten absolvieren. Ihr Onkel erwidert darauf: Oh, ein Handlanger des Arztes…“ Sie reflektieren u.a. die Unterrichtsinhalte der letzten Tage und geben ihrem Onkel eine Antwort, die Ihren eigenständigen beruflichen Verantwortungsbereich verdeutlicht:

In einer anderen Diskussion ging es um das Thema „Wärmemanagement“ und um einen Erfahrungsaustausch hierzu:

Die folgende durchgeführte Evaluation sollte dazu dienen ggf. Optimierungen in der Betreuung bei Forumsdiskussionen vorzunehmen und zu erfahren, wie dieses Lernangebot bei den Auszubildenden „ankommt“.

Im Folgenden der Fragebogen und die Ergebnisse (Häufigkeiten):

Lesen Sie bitte die Aussagen und kreuzen das Feld an, das Ihre Meinung am besten widerspiegelt.  Die Befragung erfolgt natürlich anonym!

(stimmt nicht =1       stimmt sehr = 5)

stimmt

nicht

stimmt

wenig

Stimmt mittelmäßig Stimmt ziemlich Stimmt sehr
Fragen zur Forumsnutzung    1     2     3     4     5
1. Das Schreiben von Forumsbeiträgen fällt mir nun leichter als am Anfang.     2      9   14    4
2. Das Verfassen von Forumseinträgen macht mir Spaß    1    4      11    10    3
3. Mit Hilfe einer Forumsdiskussion bzw. dem Verfassen eines Forumsbeitrags befasst man sich mit einer Thematik intensiver als zB. im Unterricht  

1

 

6

 

8

 

9

 

5

4. Es gefällt mir, dass ich in Ruhe die Beiträge von den anderen lesen kann.   1  1     7  11  9
5. Es fällt mir leichter einen Forumsbeitrag zu verfassen als mich im Unterricht zu melden.  

3

 

3

 

13

 

7

 

3

6. Ich finde es gut, dass ich einen Forumsbeitrag in Ruhe durchdenken kann, bevor ich diesen poste.  

1

 

2

 

3

 

13

 

11

7. Bei den Forumsdiskussionen hätte ich mir mehr Unterstützung von den Lehrenden gewünscht  

13

 

11

 

5

 

 

 

 

8. Die Lehrenden sollten sich mehr an den Forumsdiskussionen beteiligen. 10 10    7  2
9. Das Verfassen von Forumsbeiträgen hat meine schriftliche Ausdruckskraft gestärkt  

2

 

4

 

13

 

5

 

5

10. Ich beteilige mich lieber im Präsenzunterricht als das Verfassen eines Forumbeitrags.  

3

 

3

 

13

 

6

 

4

Was mir zum Thema noch einfällt:

–          E-Learning Tage waren sehr schöne & abwechslungsreiche Lernmethoden!!!

–          An den E-Learning Tagen haben Sie den Kurs unterstützt! Zwischendurch waren auch die Forumsbeiträge wichtig, die Mischung aus Unterricht und E-Learning war sehr gut!

–          E-Learning (vor allem mit dem Forum) ist eine gute Abwechslung zum Präsenzunterricht. Es macht viel Spaß von zuhause über das Internet in Gruppen zu arbeiten.

Man sieht bei Item 1, 2, 4 und 6 die rechtsschiefe Verteilung. Es zeigt sich, dass Übung erste Hürden gut beseitigen kann. Ebenso wird dieses mediale Lernangebot von der Mehrheit gut angenommen und gerade auch die durch Studien belegten Vorteile dieses Mediums werden äußerst positiv gesehen (in Ruhe die Beiträge der anderen lesen und den eigenen Beitrag in Ruhe durchdenken und ausformulieren können).

Auch habe ich nach Eingabe der Daten in SPSS folgende Korrelation (0,56) feststellen können, die, wie oben beschrieben, auch in anderen Evaluationen ermittelt worden ist: Diejenigen, denen das Verfassen von Forumsbeiträgen besonders viel Spaß macht, beteiligen sich dafür äußerst ungern am Unterricht.

Item 7 und 8 erfragt die Unterstützung der Lehrenden. Hier ist eine linksschiefe Verteilung sichtbar. Die große Mehrheit fühlte sich gut unterstützt und wünscht auch keine intensivere Beteiligung der Lehrenden bei den Diskussionen. Um die Minderheitenvoten nicht zu ignorieren, könnte in zukünftigen Forumsdiskussionen noch verstärkter auf die Unterstützungsmöglichkeit hingewiesen werden.

Die Lehrenden sollten auf jeden Fall im Hintegrund stets präsent bleiben, ihre Unterstützung für eine Entwicklung des selbständigen Lernens aber immer mehr zurückziehen. Es wird deutlich, dass umso öfter in Foren diskutiert wird, die notwendige Eigenständigkeit für die Kompetenzentwicklung wächst. Ganz im Sinne von: From Sage on the Stage to Guide on the Side“ (Alison King, 1993).

 

[1] Projekt AMICAE = Achieving Methods of Intra-professional Consensus, Assessment and Evaluation

Literaturverzeichnis:

Benner, Patricia (2012). Stufen zur Pflegekompetenz: From Novice to Expert. Bern: Huber.

Bett, Katja & Gaiser, Birgit (2010). E-Moderation. URL: https://www.e-teaching.org/lehrszenarien/vorlesung/diskussion/e-moderation.pdf

Döring, Nicola (2010). Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften. In Schweiger, Wolfgang & Beck, Klaus (Hrsg.), Handbuch Online-Kommunikation (S. 159-183). Wiesbaden: VS.

Erpenbeck, John & Sauter, Werner (2013). So werden wir lernen. Kompetenzentwicklung in einer Welt fühlender Computer, kluger Wolken und sinnsuchender Netze. Heidelberg: Springer Gabler.

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